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II. Proletarier und Kommunisten
In welchem Verhältnis stehen die Kommunisten zu den
Proletariern
überhaupt? Die Kommunisten sind keine besondere Partei gegenüber den andern
Arbeiterparteien. Sie haben keine von den Interessen des ganzen
Proletariats
getrennten Interessen.
Sie stellen keine besonderen Prinzipien
auf, wonach sie die proletarische Bewegung modeln wollen.
Die Kommunisten unterscheiden sich von den übrigen proletarischen
Parteien
nur dadurch, daß sie einerseits in den
verschiedenen nationalen Kämpfen der Proletarier die gemeinsamen, von der
Nationalität unabhängigen Interessen des gesamten Proletariats hervorheben
und
zur Geltung bringen, andrerseits dadurch, daß sie in den verschiedenen
Entwicklungsstufen, welche der Kampf zwischen Proletariat und Bourgeoisie
durchläuft, stets das Interesse der Gesamtbewegung vertreten.
Die Kommunisten sind also praktisch der entschiedenste, immer
weitertreibende
Teil der Arbeiterparteien aller Länder; sie haben theoretisch vor der
übrigen
Masse des Proletariats die Einsicht in die Bedingungen, den Gang und die
allgemeinen Resultate der proletarischen Bewegung voraus.
Der nächste Zweck der Kommunisten ist derselbe wie der aller übrigen
proletarischen Parteien: Bildung des Proletariats zur Klasse, Sturz der
Bourgeoisherrschaft, Eroberung der politischen Macht durch das Proletariat.
Die
theoretischen Sätze der Kommunisten beruhen keineswegs auf Ideen, auf
Prinzipien, die von diesem oder jenem Weltverbesserer erfunden oder
entdeckt
sind.
Sie sind nur allgemeine Ausdrücke tatsächlicher Verhältnisse eines
existierenden Klassenkampfes, einer unter unseren Augen vor sich gehenden
geschichtlichen Bewegung. Die Abschaffung bisheriger Eigentumsverhältnisse
ist
nichts den Kommunismus eigentümlich
Bezeichnendes.
Alle Eigentumsverhältnisse waren einem beständigen geschichtlichen
Wandel,
einer beständigen geschichtlichen Veränderung unterworfen.
Die Französische Revolution z.B. schaffte das Feudaleigentum zugunsten
des
bürgerlichen ab.
Was den Kommunismus auszeichnet, ist nicht die Abschaffung des Eigentums
überhaupt, sondern die Abschaffung des bürgerlichen Eigentums.
Aber das moderne bürgerliche Privateigentum ist der letzte und
vollendetste
Ausdruck der Erzeugung und Aneignung der Produkte, die auf
Klassengegensätzen,
auf der Ausbeutung der einen durch die andern beruht.
In diesem Sinn können die Kommunisten ihre Theorie in dem einen
Ausdruck:
Aufhebung des Privateigentums, zusammenfassen.
Man hat uns Kommunisten vorgeworfen, wir wollten das persönlich
erworbene,
selbsterarbeitete Eigentum abschaffen; das Eigentum, welches die Grundlage
aller
persönlichen Freiheit, Tätigkeit und Selbständigkeit bilde.
Erarbeitetes, erworbenes, selbstverdientes Eigentum! Sprecht ihr von dem
kleinbürgerlichen, kleinbäuerlichen Eigentum, welches dem bürgerlichen
Eigentum
vorherging? Wir brauchen es nicht abzuschaffen, die Entwicklung der
Industrie
hat es abgeschafft und schafft es täglich ab.
Oder sprecht ihr vom modernen bürgerlichen Privateigentum?
Schafft aber die Lohnarbeit, die Arbeit des Proletariers ihm Eigentum?
Keineswegs. Sie schafft das Kapital, d.h. das Eigentum, welches die
Lohnarbeit
ausbeutet, welches sich nur unter der Bedingung vermehren kann, daß es neue
Lohnarbeit erzeugt, um sie von neuem auszubeuten. Das Eigentum in seiner
heutigen Gestalt bewegt sich in dem Gegensatz von Kapital und Lohnarbeit.
Betrachten wir die beiden Seiten dieses Gegensatzes:
Kapitalist sein, heißt nicht nur eine rein persönliche, sondern eine
gesellschaftliche Stellung in der Produktion einzunehmen. Das Kapital ist
ein
gemeinschaftliches Produkt und kann nur durch eine gemeinsame Tätigkeit
vieler
Mitglieder, ja in letzter Instanz nur durch die gemeinsame Tätigkeit aller
Mitglieder der Gesellschaft in Bewegung gesetzt werden. Das Kapital ist
also
keine persönliche, es ist eine gesellschaftliche Macht.
Wenn also das Kapital in ein gemeinschaftliches, allen Mitgliedern der
Gesellschaft angehöriges Eigentum verwandelt wird, so verwandelt sich nicht
persönliches Eigentum in gesellschaftliches. Nur der gesellschaftliche
Charakter
des Eigentums verwandelt sich. Er verliert seinen Klassencharakter.
Kommen wir zur Lohnarbeit:
Der Durchschnittspreis der Lohnarbeit ist das Minimum des Arbeitslohnes,
d.h.
die Summe der Lebensmittel, die notwendig sind, um den Arbeiter als
Arbeiter am
Leben zu erhalten. Was also der Lohnarbeiter durch seine Tätigkeit sich
aneignet, reicht bloß dazu hin, um sein nacktes Leben wieder zu erzeugen.
Wir
wollen diese persönliche Aneignung der Arbeitsprodukte zur Wiedererzeugung
des
unmittelbaren Lebens keineswegs abschaffen, eine Aneignung, die keinen
Reinertrag übrigläßt, der Macht über fremde Arbeit geben könnte. Wir wollen
nur
den elenden Charakter dieser Aneignung aufheben, worin der Arbeiter nur
lebt, um
das Kapital zu vermehren, nur so weit lebt, wie es das Interesse der
herrschenden Klasse erheischt. In der bürgerlichen Gesellschaft ist die
lebendige Arbeit nur ein Mittel, die aufgehäufte Arbeit zu vermehren. In
der
kommunistischen Gesellschaft ist die aufgehäufte Arbeit nur ein Mittel, um
den
Lebensprozeß der Arbeiter zu erweitern, zu bereichern, zu befördern.
In der bürgerlichen Gesellschaft herrscht also die Vergangenheit über
die
Gegenwart, in der kommunistischen die Gegenwart über die Vergangenheit. In
der
bürgerlichen Gesellschaft ist das Kapital selbständig und persönlich,
während
das tätige Individuum unselbständig und unpersönlich ist.
Und die Aufhebung dieses Verhältnisses nennt die Bourgeoisie Aufhebung
der
Persönlichkeit und Freiheit! Und mit Recht. Es handelt sich allerdings um
die
Aufhebung der Bourgeois-Persönlichkeit, -Selbständigkeit und -Freiheit.
Unter Freiheit versteht man innerhalb der jetzigen bürgerlichen
Produktionsverhältnisse den freien Handel, den freien Kauf und Verkauf.
Fällt aber der Schacher, so fällt auch der freie Schacher. Die
Redensarten
vom freien Schacher, wie alle übrigen Freiheitsbravaden unserer
Bourgeoisie, haben überhaupt nur einen Sinn gegenüber dem
gebundenen Schacher, gegenüber dem geknechteten Bürger des Mittelalters,
nicht
aber gegenüber der kommunistischen Aufhebung des Schachers, der
bürgerlichen
Produktionsverhältnisse und der Bourgeoisie selbst.
Ihr entsetzt euch darüber, daß wir das Privateigentum aufheben wollen.
Aber
in eurer bestehenden Gesellschaft ist das Privateigentum für neun Zehntel
ihrer
Mitglieder aufgehoben, es existiert gerade dadurch, daß es für neun Zehntel
nicht existiert. Ihr werft uns also vor, daß wir ein Eigentum aufheben
wollen,
welches die Eigentumslosigkeit der ungeheuren Mehrzahl der Gesellschaft als
notwendige Bedingung voraussetzt.
Ihr werft uns mit einem Worte vor, daß wir euer Eigentum aufheben
wollen.
Allerdings, das wollen wir.
Von dem Augenblick an, wo die Arbeit nicht mehr in Kapital, Geld,
Grundrente,
kurz, in eine monopolisierbare gesellschaftliche Macht verwandelt werden
kann,
d.h. von dem Augenblick, wo das persönliche Eigentum nicht mehr in
bürgerliches
umschlagen kann, von dem Augenblick an erklärt ihr, die Person sei
aufgehoben.
Ihr gesteht also, daß ihr unter der Person niemanden anders versteht als
den
Bourgeois, den bürgerlichen Eigentümer. Und diese Person soll allerdings
aufgehoben werden.
Der Kommunismus nimmt keinem die Macht, sich gesellschaftliche Produkte
anzueignen, er nimmt nur die Macht, sich durch diese Aneignung fremde
Arbeit zu
unterjochen.
Man hat eingewendet, mit der Aufhebung des Privateigentums werde alle
Tätigkeit aufhören, und eine allgemeine Faulheit einreißen.
Hiernach müßte die bürgerliche Gesellschaft längst an der Trägheit
zugrunde
gegangen sein; denn die in ihr arbeiten, erwerben nicht, und die in ihr
erwerben, arbeiten nicht. Das ganze Bedenken läuft auf die Tautologie
hinaus,
daß es keine Lohnarbeit mehr gibt, sobald es kein Kapital mehr gibt.
Alle Einwürfe, die gegen die kommunistische Aneignungs- und
Produktionsweise
der materiellen Produkte gerichtet werden, sind ebenso auf die Aneignung
und
Produktion der geistigen Produkte ausgedehnt worden. Wie für den Bourgeois
das
Aufhören des Klasseneigentums das Aufhören der Produktion selbst ist, so
ist für
ihn das Aufhören der Klassenbildung identisch mit dem Aufhören der Bildung
überhaupt. Die Bildung, deren Verlust er bedauert, ist für die enorme
Mehrzahl
die Heranbildung zur Maschine.
Aber streitet nicht mit uns, indem ihr an euren bürgerlichen
Vorstellungen
von Freiheit, Bildung, Recht usw. die Abschaffung des bürgerlichen
Eigentums
meßt. Eure Ideen selbst sind Erzeugnisse der bürgerlichen Produktions- und
Eigentumsverhältnisse, wie euer Recht nur der zum Gesetz erhobene Wille
eurer
Klasse ist, ein Wille, dessen Inhalt gegeben ist in den materiellen
Lebensbedingungen eurer Klasse.
Die interessierte Vorstellung, worin ihr eure Produktions- und
Eigentumsverhältnisse aus geschichtlichen, in dem Lauf der Produktion
vorübergehenden Verhältnissen in ewige Natur- und Vernunftgesetze
verwandelt,
teilt ihr mit allen untergegangenen herrschenden Klassen. Was ihr für das
antike
Eigentum begreift, was ihr für das feudale Eigentum begreift, dürft ihr
nicht
mehr begreifen für das bürgerliche Eigentum. –
Aufhebung der Familie! Selbst die Radikalsten ereifern sich über diese
schändliche Absicht der Kommunisten.
Worauf beruht die gegenwärtige, die bürgerliche Familie? Auf dem
Kapital, auf
dem Privaterwerb. Vollständig entwickelt existiert sie nur für die
Bourgeoisie;
aber sie findet ihre Ergänzung in der erzwungenen Familienlosigkeit der
Proletarier und der öffentlichen Prostitution.
Die Familie der Bourgeois fällt natürlich
weg mit dem Wegfallen dieser ihrer Ergänzung, und beide verschwinden mit
dem
Verschwinden des Kapitals.
Werft ihr uns vor, daß wir die Ausbeutung der Kinder durch ihre Eltern
aufheben wollen? Wir gestehen dieses Verbrechen ein.
Aber, sagt ihr, wir heben die trautesten Verhältnisse auf, indem wir an
die
Stelle der häuslichen Erziehung die gesellschaftliche setzen.
Und ist nicht auch eure Erziehung durch die Gesellschaft bestimmt? Durch
die
gesellschaftlichen Verhältnisse, innerhalb derer ihr erzieht, durch die
direktere oder indirektere Einmischung
der Gesellschaft, vermittelst der Schule usw.? Die Kommunisten erfinden
nicht
die Einwirkung der Gesellschaft auf die Erziehung; sie verändern nur ihren
Charakter, sie entreißen die Erziehung dem Einfluß der herrschenden
Klasse.
Die bürgerlichen Redensarten über Familie und Erziehung, über das traute
Verhältnis von Eltern und Kindern werden um so ekelhafter, je mehr infolge
der
großen Industrie alle Familienbande für die Proletarier zerrissen und die
Kinder
in einfache Handelsartikel und Arbeitsinstrumente verwandelt werden.
Aber ihr Kommunisten wollt die Weibergemeinschaft einführen, schreit uns
die
ganze Bourgeoisie im Chor entgegen.
Der Bourgeois sieht in seiner Frau ein bloßes Produktionsinstrument. Er
hört,
daß die Produktionsinstrumente gemeinschaftlich ausgebeutet werden sollen,
und
kann sich natürlich nichts anderes denken, als daß das Los der
Gemeinschaftlichkeit die Weiber gleichfalls treffen wird.
Er ahnt nicht, daß es sich eben darum handelt, die Stellung der Weiber
als
bloßer Produktionsinstrumente aufzuheben.
Übrigens ist nichts lächerlicher als das hochmoralische Entsetzen
unserer
Bourgeois über die angebliche offizielle Weibergemeinschaft der
Kommunisten. Die
Kommunisten brauchen die Weibergemeinschaft nicht einzuführen, sie hat fast
immer existiert.
Unsre Bourgeois, nicht zufrieden damit, daß ihnen die Weiber und Töchter
ihrer Proletarier zur Verfügung stehen, von der offiziellen Prostitution
gar
nicht zu sprechen, finden ein Hauptvergnügen darin, ihre Ehefrauen
wechselseitig
zu verführen.
Die bürgerliche Ehe ist in Wirklichkeit die Gemeinschaft der Ehefrauen.
Man
könnte höchstens den Kommunisten vorwerfen, daß sie an Stelle einer
heuchlerisch versteckten eine offizielle,
offenherzige Weibergemeinschaft einführen wollten. Es versteht sich
übrigens von selbst, daß mit Aufhebung der
jetzigen Produktionsverhältnisse auch die aus ihnen hervorgehende
Weibergemeinschaft, d.h. die offizielle und nichtoffizielle Prostitution,
verschwindet.
Den Kommunisten ist ferner vorgeworfen worden, sie wollten das
Vaterland, die
Nationalität abschaffen. Die Arbeiter haben kein Vaterland. Man kann ihnen
nicht
nehmen, was sie nicht haben. Indem das Proletariat zunächst sich die
politische
Herrschaft erobern, sich zur nationalen Klasse erheben, sich selbst als
Nation konstituieren muß, ist es
selbst noch national, wenn auch keineswegs im Sinne der Bourgeoisie.
Die nationalen Absonderungen und Gegensätze der Völker verschwinden mehr
und
mehr schon mit der Entwicklung der Bourgeoisie, mit der Handelsfreiheit,
dem
Weltmarkt, der Gleichförmigkeit der industriellen Produktion und der ihr
entsprechenden Lebensverhältnisse.
Die Herrschaft des Proletariats wird sie noch mehr verschwinden machen.
Vereinigte Aktion, wenigstens der zivilisierten Länder, ist eine der ersten
Bedingungen seiner Befreiung.
In dem Maße, wie die Exploitation des einen Individuums durch das andere
aufgehoben wird, wird die Exploitation einer Nation durch die andere
aufgehoben.
Mit dem Gegensatz der Klassen im Innern der Nation fällt die feindliche
Stellung der Nationen gegeneinander.
Die Anklagen gegen den Kommunismus, die von religiösen, philosophischen
und
ideologischen Gesichtspunkten überhaupt erhoben werden, verdienen keine
ausführlichere Erörterung.
Bedarf es tiefer Einsicht, um zu begreifen, daß mit den
Lebensverhältnissen
der Menschen, mit ihren gesellschaftlichen Beziehungen, mit ihrem
gesellschaftlichen Dasein, auch ihre Vorstellungen, Anschauungen und
Begriffe,
mit einem Worte auch ihr Bewußtsein sich ändert?
Was beweist die Geschichte der Ideen anders, als daß die geistige
Produktion
sich mit der materiellen umgestaltet? Die herrschenden Ideen einer Zeit
waren
stets nur die Ideen der herrschenden Klasse.
Man spricht von Ideen, welche eine ganze Gesellschaft revolutionieren;
man
spricht damit nur die Tatsache aus, daß sich innerhalb der alten
Gesellschaft
die Elemente einer neuen gebildet haben, daß mit der Auflösung der alten
Lebensverhältnisse die Auflösung der alten Ideen gleichen Schritt hält.
Als die alte Welt im Untergehen begriffen war, wurden die alten
Religionen
von der christlichen Religion besiegt. Als die christlichen Ideen im 18.
Jahrhundert den Aufklärungsideen unterlagen, rang die feudale Gesellschaft
ihren
Todeskampf mit der damals revolutionären Bourgeoisie. Die Ideen der
Gewissens-
und Religionsfreiheit sprachen nur die Herrschaft der freien Konkurrenz auf
dem
Gebiete des Wissens aus.
"Aber", wird man sagen, "religiöse, moralische, philosophische,
politische,
rechtliche Ideen usw. modifizieren sich allerdings im Lauf der
geschichtlichen
Entwicklung. Die Religion, die Moral, die Philosophie, die Politik, das
Recht
erhielten sich stets in diesem Wechsel. Es gibt zudem ewige Wahrheiten, wie
Freiheit, Gerechtigkeit usw., die allen gesellschaftlichen Zuständen
gemeinsam
sind. Der Kommunismus aber schafft die ewigen Wahrheiten ab, er schafft die
Religion ab, die Moral, statt sie neu zu gestalten, er widerspricht also
allen
bisherigen geschichtlichen Entwicklungen."
Worauf reduziert sich diese Anklage? Die Geschichte der ganzen
bisherigen
Gesellschaft bewegte sich in Klassengegensätzen, die in den verschiedensten
Epochen verschieden gestaltet waren. Welche Form sie aber auch immer
angenommen,
die Ausbeutung des einen Teils der Gesellschaft durch den andern ist eine
allen
vergangenen Jahrhunderten gemeinsame Tatsache. Kein Wunder daher, daß das
gesellschaftliche Bewußtsein aller Jahrhunderte, aller Mannigfaltigkeit und
Verschiedenheit zum Trotz, in gewissen gemeinsamen Formen sich bewegt, in
Bewußtseinsformen, die nur mit dem gänzlichen
Verschwinden des Klassengegensatzes sich vollständig auflösen.
Die kommunistische Revolution ist das radikalste Brechen mit den
überlieferten Eigentumsverhältnissen; kein Wunder, daß in ihrem
Entwicklungsgange am radikalsten mit den überlieferten Ideen gebrochen
wird.
Doch lassen wir die Einwürfe der Bourgeoisie gegen den Kommunismus. Wir
sahen
schon oben, daß der erste Schritt in der Arbeiterrevolution die Erhebung
des
Proletariats zur herrschenden Klasse, die Erkämpfung der Demokratie
ist.
Das Proletariat wird seine politische Herrschaft dazu benutzen, der
Bourgeoisie nach und nach alles Kapital zu entreißen, alle
Produktionsinstrumente in den Händen des Staats, d.h. des als herrschende
Klasse
organisierten Proletariats, zu zentralisieren und die Masse der
Produktionskräfte möglichst rasch zu vermehren.
Es kann dies natürlich zunächst nur geschehen vermittelst despotischer
Eingriffe in das Eigentumsrecht und in die bürgerlichen
Produktionsverhältnisse,
durch Maßregeln also, die ökonomisch unzureichend und unhaltbar erscheinen,
die
aber im Lauf der Bewegung über sich selbst hinaustreiben und als Mittel zur
Umwälzung der ganzen Produktionsweise unvermeidlich sind. Diese Maßregeln
werden
natürlich je nach den verschiedenen Ländern verschieden sein.
Für die fortgeschrittensten Länder werden jedoch die folgenden ziemlich
allgemein in Anwendung kommen können:
- Expropriation des Grundeigentums und Verwendung der Grundrente zu
Staatsausgaben.
- Starke Progressivsteuer.
- Abschaffung des Erbrechts.
- Konfiskation des Eigentums aller Emigranten und Rebellen.
- Zentralisation des Kredits in den Händen des Staats durch eine
Nationalbank mit Staatskapital und ausschließlichem Monopol.
- Zentralisation des Transportwesens in
den Händen des Staats.
- Vermehrung der Nationalfabriken, Produktionsinstrumente, Urbarmachung
und
Verbesserung aller Ländereien nach einem gemeinschaftlichen Plan.
- Gleicher Arbeitszwang für alle, Errichtung industrieller Armeen,
besonders
für den Ackerbau.
- Vereinigung des Betriebs von Ackerbau und Industrie, Hinwirken auf
die
allmähliche Beseitigung des Unterschieds von Stadt und Land.
- Öffentliche und unentgeltliche Erziehung aller Kinder. Beseitigung
der
Fabrikarbeit der Kinder in ihrer heutigen Form. Vereinigung der Erziehung
mit
der materiellen Produktion usw. Sind im
Laufe der Entwicklung die Klassenunterschiede verschwunden und ist alle
Produktion in den Händen der assoziierten Individuen konzentriert, so
verliert
die öffentliche Gewalt den politischen Charakter. Die politische Gewalt
im
eigentlichen Sinne ist die organisierte Gewalt einer Klasse zur
Unterdrückung
einer andern. Wenn das Proletariat im Kampfe gegen die Bourgeoisie sich
notwendig zur Klasse vereint, durch eine Revolution sich zur herrschenden
Klasse macht und als herrschende Klasse gewaltsam die alten
Produktionsverhältnisse aufhebt, so hebt es mit diesen
Produktionsverhältnissen die Existenzbedingungen des Klassengegensatzes,
die
Klassen überhaupt, und damit seine eigene
Herrschaft als Klasse auf.
An die Stelle der alten bürgerlichen Gesellschaft mit ihren Klassen
und Klassengegensätzen tritt eine Assoziation, worin die freie Entwicklung
eines
jeden die freie Entwicklung aller ist.
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III. Sozialistische und kommunistische Literatur
1. Der reaktionäre Sozialismus
a) Der feudale Sozialismus
Die französische und englische Aristokratie war ihrer
geschichtlichen Stellung nach dazu berufen, Pamphlete gegen die moderne
bürgerliche Gesellschaft zu schreiben. In der französischen Junirevolution
von
1830, in der englischen Reformbewegung war sie noch einmal dem verhaßten
Emporkömmling erlegen. Von einem ernsten politischen Kampfe konnte nicht
mehr
die Rede sein. Nur der literarische Kampf blieb ihr übrig. Aber auch auf
dem
Gebiete der Literatur waren die alten Redensarten der Restaurationszeit
unmöglich geworden. Um Sympathie zu erregen,
mußte die Aristokratie scheinbar ihre Interessen aus dem Auge verlieren und
nur im
Interesse der exploitierten Arbeiterklasse ihren Anklageakt gegen die
Bourgeoisie formulieren. Sie bereitete so die Genugtuung vor, Schmählieder
auf
ihren neuen Herrscher zu singen und mehr oder minder unheilschwangere
Prophezeiungen ihm ins Ohr raunen zu dürfen.
Auf diese Art entstand der feudalistische Sozialismus, halb Klagelied,
halb
Pasquill, halb Rückhall der Vergangenheit, halb Dräuen der Zukunft,
mitunter die
Bourgeoisie ins Herz treffend durch bitteres, geistreich zerreißendes
Urteil,
stets komisch wirkend durch gänzliche Unfähigkeit, den Gang der modernen
Geschichte zu begreifen.
Den proletarischen Bettelsack schwenkten
sie als Fahne in der Hand, um das Volk hinter sich her zu versammeln. Sooft
es
ihnen aber folgte, erblickte es auf ihrem Hintern die alten feudalen Wappen
und
verlief sich mit lautem und unehrerbietigem Gelächter.
Ein Teil der französischen Legitimisten
und das Junge England gaben dies Schauspiel
zum besten.
Wenn die Feudalen beweisen, daß ihre Weise der Ausbeutung anders
gestaltet
war als die bürgerliche Ausbeutung, so vergessen sie nur, daß sie unter
gänzlich
verschiedenen und jetzt überlebten Umständen und Bedingungen ausbeuteten.
Wenn
sie nachweisen, daß unter ihrer Herrschaft nicht das moderne Proletariat
existiert hat, so vergessen sie nur, daß eben die moderne Bourgeoisie ein
notwendiger Sprößling ihrer Gesellschaftsordnung war.
Übrigens verheimlichen sie den reaktionären Charakter ihrer Kritik so
wenig,
daß ihre Hauptanklage gegen die Bourgeoisie eben darin besteht, unter ihrem
Regime entwickle sich eine Klasse, welche die ganze alte
Gesellschaftsordnung in
die Luft sprengen werde.
Sie werfen der Bourgeoisie mehr noch vor, daß sie ein revolutionäres
Proletariat, als daß sie überhaupt ein Proletariat erzeugt.
In der politischen Praxis nehmen sie daher an allen Gewaltmaßregeln
gegen die
Arbeiterklasse teil, und im gewöhnlichen Leben bequemen sie sich, allen
ihren
aufgeblähten Redensarten zum Trotz die goldnen Äpfel aufzulesen und Treue,
Liebe, Ehre mit dem Schacher in
Schafswolle, Runkelrüben und Schnaps zu vertauschen.
Wie der Pfaffe immer Hand in Hand ging mit dem Feudalen, so der
pfäffische
Sozialismus mit dem feudalistischen.
Nichts leichter, als dem christlichen Asketismus einen sozialistischen
Anstrich zu geben. Hat das Christentum nicht auch gegen das Privateigentum,
gegen die Ehe, gegen die Staat geeifert? Hat es nicht die Wohltätigkeit und
den
Bettel, das Zölibat und die Fleischesertötung, das Zellenleben und die
Kirche an
ihrer Stelle gepredigt? Der christliche Sozialismus ist nur das Weihwasser,
womit der
Pfaffe den Ärger des Aristokraten einsegnet.
b) Kleinbürgerlicher Sozialismus
Die feudale Aristokratie ist nicht die einzige Klasse, welche durch
die Bourgeoisie gestürzt wurde, deren Lebensbedingungen in der modernen
bürgerlichen Gesellschaft verkümmerten und abstarben. Das mittelalterliche
Pfahlbürgertum und der kleine Bauernstand waren die Vorläufer der modernen
Bourgeoisie. In den weniger industriell und kommerziell entwickelten
Ländern
vegetiert diese Klasse noch fort neben der aufkommenden Bourgeoisie.
In den Ländern, wo sich die moderne Zivilisation entwickelt hat, hat
sich
eine neue Kleinbürgerschaft gebildet, die zwischen dem Proletariat und der
Bourgeoisie schwebt und als ergänzender Teil der bürgerlichen Gesellschaft
stets
von neuem sich bildet, deren Mitglieder aber beständig durch die Konkurrenz
ins
Proletariat hinabgeschleudert werden, ja selbst mit der Entwicklung der
großen
Industrie einen Zeitpunkt herannahen sehen, wo sie als selbständiger Teil
der
modernen Gesellschaft gänzlich verschwinden und im Handel, in der
Manufaktur, in
der Agrikultur durch Arbeitsaufseher und Domestiken ersetzt werden.
In Ländern wie Frankreich, wo die Bauernklasse weit mehr als die Hälfte
der
Bevölkerung ausmacht, war es natürlich, daß Schriftsteller, die für das
Proletariat gegen die Bourgeoisie auftraten, an ihre Kritik des
Bourgeoisregimes
den kleinbürgerlichen und kleinbäuerlichen Maßstab anlegten und die Partei
der
Arbeiter vom Standpunkt des Kleinbürgertums ergriffen. Es bildete sich so
der
kleinbürgerliche Sozialismus. Sismondi ist das Haupt dieser Literatur nicht
nur
für Frankreich, sondern auch für England.
Dieser Sozialismus zergliederte höchst scharfsinnig die Widersprüche in
den
modernen Produktionsverhältnissen. Er enthüllte die gleisnerischen
Beschönigungen der Ökonomen. Er wies unwiderleglich die zerstörenden
Wirkungen
der Maschinerie und der Teilung der Arbeit nach, die Konzentration der
Kapitalien und des Grundbesitzes, die Überproduktion, die Krisen, den
notwendigen Untergang der kleinen Bürger und Bauern, das Elend des
Proletariats,
die Anarchie in der Produktion, die schreienden Mißverhältnisse in der
Verteilung des Reichtums, den industriellen Vernichtungskrieg der Nationen
untereinander, die Auflösung der alten Sitten, der alten
Familienverhältnisse,
der alten Nationalitäten.
Seinem posititiven Gehalte nach will jedoch dieser Sozialismus entweder
die
alten Produktions- und Verkehrsmittel wiederherstellen und mit ihnen die
alten
Eigentumsverhältnisse und die alte Gesellschaft, oder er will die modernen
Produktions- und Verkehrsmittel in den Rahmen der alten
Eigentumsverhältnisse,
die von ihnen gesprengt wurden, gesprengt werden mußten, gewaltsam wieder
einsperren. In beiden Fällen ist er reaktionär und utopisch zugleich.
Zunftwesen
in der Manufaktur und patriarchalische Wirtschaft auf dem Lande, das sind
seine
letzten Worte.
In ihrer weiteren Entwicklung hat sich diese Richtung in einen feigen
Katzenjammer verlaufen.
c) Der deutsche oder "wahre" Sozialismus
Die sozialistische und kommunistische Literatur Frankreichs, die
unter dem Druck einer herrschenden Bourgeoisie entstand und der
literarische
Ausdruck des Kampfes gegen diese Herrschaft ist, wurde nach Deutschland
eingeführt zu einer Zeit, wo die Bourgeoisie soeben ihren Kampf gegen den
feudalen Absolutismus begann.
Deutsche Philosophen, Halbphilosophen und Schöngeister bemächtigten sich
gierig dieser Literatur und vergaßen nur, daß bei der Einwanderung jener
Schriften aus Frankreich die französischen Lebensverhältnisse nicht
gleichzeitig
nach Deutschland eingewandert waren. Den deutschen Verhältnissen gegenüber
verlor die französische Literatur alle unmittelbar praktische Bedeutung und
nahm
ein rein literarisches Aussehen an. Als müßige Spekulation über die
Verwirklichung des menschlichen Wesens mußte sie
erscheinen. So hatten für die deutschen Philosophen des 18. Jahrhunderts
die
Forderungen der ersten französischen Revolution nur den Sinn, Forderungen
der
"praktischen Vernunft" im allgemeinen zu sein, und die Willensäußerungen
der
französischen Bourgeoisie bedeuteten in ihren Augen die Gesetze des reinen
Willens, des Willens, wie er sein muß, des wahrhaft menschlichen Willens.
Die
ausschließliche Arbeit der deutschen Literaten bestand darin, die neuen
französischen Ideen mit ihrem alten philosophischen Gewissen in Einklang zu
setzen oder vielmehr von ihrem philosophischen Standpunkte aus die
französischen
Ideen sich anzueignen. Diese Aneignung geschah in derselben Weise, wodurch
man
sich überhaupt eine fremde Sache aneignet, durch die Übersetzung.
Es ist bekannt, wie die Mönche Manuskripte, worauf die klassischen Werke
der
alten Heidenzeit verzeichnet waren, mit abgeschmackten katholischen
Heiligengeschichten überschrieben. Die deutschen Literaten gingen umgekehrt
mit
der profanen französischen Literatur um. Sie schrieben ihren
philosophischen
Unsinn hinter das französische Original. Z.B. hinter die französische
Kritik der
Geldverhältnisse schrieben sie "Entäußerung des menschlichen Wesens",
hinter die
französische Kritik des Bourgeoisstaates schrieben sie "Aufhebung der
Herrschaft
des abstrakten Allgemeinen" usw.
Die Unterschiebung dieser philosophischen Redensarten unter die
französischen Entwicklungen tauften sie "Philosophie der Tat", "wahrer
Sozialismus", "deutsche Wissenschaft des Sozialismus", usw.
Die französische sozialistisch-kommunistische Literatur wurde so
förmlich
entmannt. Und da sie in der Hand des Deutschen aufhörte, den Kampf einer
Klasse
gegen die andre auszudrücken, so war der Deutsche sich bewußt, die
"französische
Einseitigkeit" überwunden, statt wahrer Bedürfnisse das Bedürfnis der
Wahrheit
und statt der Interessen des Proletariers die Interessen des menschlichen
Wesens, des Menschen überhaupt vertreten zu haben, des Menschen, der keiner
Klasse, der überhaupt nicht der Wirklichkeit, der nur dem Dunsthimmel der
philosophischen Phantasie angehört.
Dieser deutsche Sozialismus, der seine unbeholfenen Schulübungen so
ernst und
feierlich nahm und so marktschreierisch ausposaunte, verlor indes nach und
nach
seine pedantische Unschuld. Der Kampf der deutschen, namentlich der
preußischen
Bourgeoisie gegen die Feudalen und das absolute Königtum, mit einem Wort,
die
liberale Bewegung wurde ernsthafter.
Dem "wahren" Sozialismus war so erwünschte Gelegenheit geboten, der
politischen Bewegung die sozialistische Forderung gegenüberzustellen, die
überlieferten Anatheme gegen den
Liberalismus, gegen den Repräsentativstaat, gegen die bürgerliche
Konkurrenz,
bürgerliche Preßfreiheit, bürgerliches Recht, bürgerliche Freiheit und
Gleichheit zu schleudern und der Volksmasse vorzupredigen, wie sie bei
dieser
bürgerlichen Bewegung nichts zu gewinnen, vielmehr alles zu verlieren habe.
Der
deutsche Sozialismus vergaß rechtzeitig, daß die französische Kritik, deren
geistloses Echo er war, die moderne bürgerliche Gesellschaft mit den
entsprechenden materiellen Lebensbedingungen und der angemessenen
politischen
Konstitution vorausgesetzt, lauter
Voraussetzungen, um deren Erkämpfung es sich erst in Deutschland
handelte.
Er diente den deutschen absoluten Regierungen mit ihrem Gefolge von
Pfaffen,
Schulmeistern, Krautjunkern und Bürokraten als erwünschte Vogelscheuche
gegen
die drohend aufstrebende Bourgeoisie.
Er bildete die süßliche Ergänzung zu den bitteren Peitschenhieben und
Flintenkugeln, womit dieselben Regierungen die deutschen Arbeiteraufstände
bearbeiteten.
Ward der "wahre" Sozialismus dergestalt eine Waffe in der Hand der
Regierungen gegen die deutsche Bourgeoisie, so vertrat er auch unmittelbar
ein
reaktionäres Interesse, das Interesse der deutschen Pfahlbürgerschaft. In
Deutschland bildet das vom 16. Jahrhundert
her überlieferte und seit der Zeit in verschiedener Form hier immer neu
wieder
auftauchende Kleinbürgertum die eigentliche Grundlage der bestehenden
Zustände.
Seine Erhaltung ist die Erhaltung der bestehenden deutschen Zustände.
Von der
industriellen und politischen Herrschaft der Bourgeoisie fürchtet es den
sichern
Untergang, einerseits infolge der Konzentration des Kapitals, andrerseits
durch
das Aufkommen eines revolutionären Proletariats. Der "wahre" Sozialismus
schien
ihm beide Fliegen mit einer Klappe zu schlagen. Er verbreitete sich wie
eine
Epidemie.
Das Gewand, gewirkt aus spekulativem Spinnweb, überstickt mit
schöngeistigen
Redeblumen, durchtränkt von liebesschwülem Gemütstau, dies überschwengliche
Gewand, worin die deutschen Sozialisten ihre paar knöchernen "ewigen
Wahrheiten"
einhüllten, vermehrte nur den Absatz ihrer Ware bei diesem Publikum.
Seinerseits
erkannte der deutsche Sozialismus immer mehr seinen Beruf, der hochtrabende
Vertreter dieser Pfahlbürgerschaft zu sein.
Er proklamierte die deutsche Nation als die normale Nation und den
deutschen
Spießbürger
als den Normalmenschen. Er gab
jeder Niederträchtigkeit desselben einen verborgenen, höheren,
sozialistischen
Sinn, worin sie ihr Gegenteil bedeutete. Er zog die letzte Konsequenz,
indem er
direkt gegen die "rohdestruktive" Richtung des Kommunismus auftrat und
seine
unparteiische Erhabenheit über alle Klassenkämpfe verkündete. Mit sehr
wenigen
Ausnahmen gehört alles, was in Deutschland von angeblich sozialistischen
und
kommunistischen Schriften zirkuliert, in den Bereich dieser schmutzigen,
entnervenden Literatur.
2. Der konservative oder Bourgeoissozialismus
Ein Teil der Bourgeoisie wünscht den sozialen Mißständen
abzuhelfen, um den Bestand der bürgerlichen Gesellschaft zu sichern.
Es gehören hierher: Ökonomisten, Philantrophen, Humanitäre, Verbesserer
der
Lage der arbeitenden Klassen, Wohltätigkeitsorganisierer, Abschaffer der
Tierquälerei, Mäßigkeitsvereinsstifter, Winkelreformer der buntscheckigsten
Art.
Und auch zu ganzen Systemen ist dieser Bourgeoissozialismus ausgearbeitet
worden.
Als Beispiel führen wir Proudhons Philosophie de la
misère
an.
Die sozialistischen Bourgeois wollen die Lebensbedingungen der modernen
Gesellschaft ohne die notwendig daraus hervor gehenden Kämpfe und Gefahren.
Sie
wollen die bestehende Gesellschaft mit Abzug der sie revolutionierenden und
sie
auflösenden Elemente. Sie wollen die Bourgeoisie ohne das Proletariat. Die
Bourgeoisie stellt sich die Welt, worin sie herrscht, natürlich als die
beste
Welt vor. Der Bourgeoissozialismus arbeitet diese tröstliche Vorstellung zu
einem halben oder ganzen System aus. Wenn er das Proletariat auffordert,
seine
Systeme zu verwirklichen und in das neue
Jerusalem einzugehen, so verlangt er im Grunde nur, daß es in der jetzigen
Gesellschaft stehenbleibe, aber seine gehässigen Vorstellungen von
derselben
abstreife.
Eine zweite, weniger systematische, nur
mehr praktische Form dieses Sozialismus suchte der Arbeiterklasse jede
revolutionäre Bewegung zu verleiden, durch den Nachweis, wie nicht diese
oder
jene politische Veränderung, sondern nur eine Veränderung der materiellen
Lebensverhältnisse, der ökonomischen Verhältnisse ihr von Nutzen sein
könne.
Unter Veränderung der materiellen Lebensverhältnisse versteht dieser
Sozialismus
aber keineswegs Abschaffung der bürgerlichen Produktionsverhältnisse, die
nur
auf revolutionärem Wege möglich ist, sondern administrative Verbesserungen,
die
auf dem Boden dieser Produktionsverhältnisse vor sich gehen, also an dem
Verhältnis von Kapital und Lohnarbeit nichts ändern, sondern im besten Fall
der
Bourgeoisie die Kosten ihrer Herrschaft vermindern und ihren Staatshaushalt
vereinfachen.
Seinen entsprechenden Ausdruck erreicht der Bourgeoisiesozialismus erst
da,
wo er zur bloßen rednerischen Figur wird.
Freier Handel! im Interesse der arbeitenden Klasse; Schutzzölle! im
Interesse
der arbeitenden Klasse; Zellengefängnisse! im Interesse der arbeitenden
Klasse;
das ist das letzte, das einzige ernstgemeinte Wort des
Bourgeoisiesozialismus.
Der Sozialismus der Bourgeoisie besteht
eben in der Behauptung, daß die Bourgeois Bourgeois sind – im Interesse der
arbeitenden Klasse.
3. Der kritisch-utopistische Sozialismus oder
Kommunismus
Wir reden hier nicht von der Literatur, die in allen großen
modernen Revolutionen die Forderungen des Proletariats aussprach.
(Schriften
Babeufs etc.)
Die ersten Versuche des Proletariats, in einer Zeit allgemeiner
Aufregung, in
der Periode des Umsturzes der feudalen Gesellschaft direkt sein eigenes
Klasseninteresse durchzusetzen, scheiterten notwendig an der unentwickelten
Gestalt des Proletariats selbst wie an dem Mangel der materiellen
Bedingungen
seiner Befreiung, die eben erst das Produkt der bürgerliche Epoche sind.
Die
revolutionäre Literatur, welche diese ersten Bewegungen des Proletariats
begleitete, ist dem Inhalt nach notwendig reaktionär. Sie lehrt einen
allgemeinen Asketismus und eine rohe Gleichmacherei.
Die eigentlich sozialistischen und kommunistischen Systeme, die Systeme
St.-Simons, Fouriers, Owens usw., tauchen auf in der ersten, unentwickelten
Periode des Kampfes zwischen Proletariat und Bourgeoisie, die wir oben
dargestellt haben. (Siehe Bourgeoisie und Proletariat.)
Die Erfinder dieser Systeme sehen zwar den Gegensatz der Klassen wie die
Wirksamkeit der auflösenden Elemente in der herrschenden Gesellschaft
selbst.
Aber sie erblicken auf der Seite des Proletariats keine geschichtliche
Selbsttätigkeit, keine ihm eigentümliche politische Bewegung.
Da die Entwicklung des Klassengegensatzes gleichen Schritt hält mit der
Entwicklung der Industrie, finden sie ebensowenig die materiellen
Bedingungen
zur Befreiung des Proletariats vor und suchen nach einer sozialen
Wissenschaft,
nach sozialen Gesetzen, um diese Bedingungen zu schaffen. An die Stelle der
gesellschaftlichen Tätigkeit muß ihre persönlich erfinderische Tätigkeit
treten,
an die Stelle der geschichtlichen Bedingungen der Befreiung phantastische,
an
die Stelle der allmählich vor sich gehenden Organisation des Proletariats
zur
Klasse eine eigens ausgeheckte Organisation der Gesellschaft. Die kommende
Weltgeschichte löst sich für sie auf in die Propaganda und die praktische
Ausführung ihrer Gesellschaftspläne. Sie sind sich zwar bewußt, in ihren
Plänen
hauptsächlich das Interesse der arbeitenden Klasse als der leidendsten
Klasse zu
vertreten. Nur unter diesem Gesichtspunkt der leidendsten Klasse existiert
das
Proletariat für sie.
Die unentwickelte Form des Klassenkampfes wie ihre eigene Lebenslage
bringen
es aber mit sich, daß sie weit über jenen Klassengegensatz erhaben zu
sein
glauben. Sie wollen die Lebenslage aller Gesellschaftsglieder, auch der
bestgestellten, verbessern. Sie appellieren daher fortwährend an die ganze
Gesellschaft ohne Unterschied, ja vorzugsweise an die herrschende Klasse.
Man
braucht ihr System ja nur zu verstehen, um es als den bestmöglichen Plan
der
bestmöglichen Gesellschaft anzuerkennen.
Sie verwerfen daher alle politische, namentlich alle revolutionäre
Aktion,
sie wollen ihr Ziel auf friedlichem Wege erreichen und versuchen, durch
kleine,
natürlich fehlschlagende Experimente, durch die Macht des Beispiels dem
neuen
gesellschaftlichen Evangelium Bahn zu brechen.
Die phantastische Schilderung der
zukünftigen Gesellschaft entspringt in einer
Zeit, wo das Proletariat noch höchst unentwickelt ist, also selbst noch
phantastisch seine eigene Stellung auffaßt, seinem ersten ahnungsvollen
Drängen
nach einer allgemeinen Umgestaltung der Gesellschaft.
Die sozialistischen und kommunistischen Schriften bestehen aber auch aus
kritischen Elementen. Sie greifen alle Grundlagen der bestehenden
Gesellschaft
an. Sie haben daher höchst wertvolles Material zur Aufklärung der Arbeiter
geliefert. Ihre positiven Sätze über die zukünftige Gesellschaft, z.B.
Aufhebung
des Gegensatzes zwischen Stadt und Land, der
Familie, des Privaterwerbs, der Lohnarbeit, die Verkündigung der
gesellschaftlichen Harmonie, die Verwandlung des Staates in eine bloße
Verwaltung der Produktion – alle diese ihre Sätze drücken bloß das
Wegfallen des
Klassengegensatzes aus, der eben erst sich zu entwickeln beginnt, den sie
nur
noch in seiner ersten gestaltlosen Unbestimmtheit kennen. Diese Sätze
selbst
haben daher noch einen rein utopistischen Sinn.
Die Bedeutung des kritisch-utopistischen Sozialismus oder Kommunismus
steht
im umgekehrten Verhältnis zur geschichtlichen Entwicklung. In demselben
Maße,
worin der Klassenkampf sich entwickelt und gestaltet, verliert diese
phantastische Erhebung über denselben, diese phantastische Bekämpfung
desselben
allen praktischen Wert, alle theoretische Berechtigung. Waren daher die
Urheber
dieser Systeme auch in vieler Beziehung revolutionär, so bilden ihre
Schüler
jedesmal reaktionäre Sekten. Sie halten die alten Anschauungen der Meister
fest
gegenüber der geschichtlichen Fortentwicklung des Proletariats. Sie suchen
daher
konsequent den Klassenkampf wieder abzustumpfen und die Gegensätze zu
vermitteln. Sie träumen noch immer die versuchsweise Verwirklichung ihrer
gesellschaftlichen Utopien, Stiftung einzelner Phalanstere, Gründung von
Home-Kolonien, Errichtung eines kleinen Ikariens – Duodezausgabe des neuen
Jerusalems –, und zum Aufbau aller
dieser spanischen Schlösser müssen sie an die Philanthropie der
bürgerlichen Herzen und Geldsäcke appellieren.
Allmählich fallen sie in die Kategorie der oben geschilderten
reaktionären
oder konservativen Sozialisten und unterscheiden sich nur noch von ihnen
durch mehr systematische Pedanterie, durch den
fanatischen Aberglauben an die Wunderwirkungen ihrer sozialen Wissenschaft.
Sie
treten daher mit Erbitterung aller politischen Bewegung der Arbeiter
entgegen,
die nur aus blindem Unglauben an das neue Evangelium hervorgehen
konnte.
Die Owenisten in England, die Fourieristen in Frankreich reagieren dort
gegen
die
Chartisten, hier
gegen die Reformisten.
English
IV. Stellung der Kommunisten zu den verschiedenen
oppositionellen Parteien
Nach Abschnitt II versteht sich das Verhältnis der Kommunisten zu
den bereits konstituierten Arbeiterparteien von selbst, also ihr Verhältnis
zu
den
Chartisten
in England und den agrarischen Reformern in Nordamerika.
Sie kämpfen für die Erreichung der unmittelbar vorliegenden Zwecke und
Interessen der Arbeiterklasse, aber sie vertreten in der gegenwärtigen
Bewegung
zugleich die Zukunft der Bewegung. In Frankreich schließen sich die
Kommunisten
an die sozial-demokratische Partei an gegen
die konservative und radikale Bourgeoisie, ohne darum das Recht aufzugeben,
sich
kritisch zu den aus der revolutionären Überlieferung herrührenden Phrasen
und
Illusionen zu verhalten.
In der Schweiz unterstützen sie die Radikalen, ohne zu verkennen, daß
diese
Partei aus widersprechenden Elementen besteht, teils aus demokratischen
Sozialisten im französischen Sinn, teils aus radikalen Bourgeois.
Unter den Polen unterstützen die Kommunisten die Partei, welche eine
agrarische Revolution zur Bedingung der nationalen Befreiung macht,
dieselbe
Partei, welche die Krakauer Insurrektion von 1846 ins Leben rief.
In Deutschland kämpft die Kommunistische Partei, sobald die Bourgeoisie
revolutionär auftritt, gemeinsam mit der Bourgeoisie gegen die absolute
Monarchie, das feudale Grundeigentum und die Kleinbürgerei.
Sie unterläßt aber keinen Augenblick, bei den Arbeitern ein möglichst
klares
Bewußtsein über den feindlichen Gegensatz zwischen Bourgeoisie und
Proletariat herauszuarbeiten, damit die
deutschen Arbeiter sogleich die gesellschaftlichen und politischen
Bedingungen,
welche die Bourgeoisie mit ihrer Herrschaft herbeiführen muß, als ebenso
viele
Waffen gegen die Bourgeoisie kehren können, damit, nach dem Sturz der
reaktionären Klassen in Deutschland, sofort der Kampf gegen die Bourgeoisie
selbst beginnt. Auf Deutschland richten die Kommunisten ihre
Hauptaufmerksamkeit, weil Deutschland am Vorabend einer bürgerlichen
Revolution
steht und weil es diese Umwälzung unter fortgeschrittneren Bedingungen der
europäischen Zivilisation überhaupt und mit einem viel weiter entwickelten
Proletariat vollbringt als England im 17. und Frankreich im 18.
Jahrhundert, die
deutsche bürgerliche Revolution also nur das unmittelbare Vorspiel einer
proletarischen Revolution sein kann.
Mit einem Wort, die Kommunisten unterstützen überall jede revolutionäre
Bewegung gegen die bestehenden gesellschaftlichen und politischen
Zustände.
In allen diesen Bewegungen heben sie die Eigentumsfrage, welche mehr
oder
minder entwickelte Form sie auch angenommen haben möge, als die Grundfrage
der
Bewegung hervor. Die Kommunisten arbeiten endlich überall an der Verbindung
und
Verständigung der demokratischen Parteien aller Länder.
Die Kommunisten verschmähen es, ihre Ansichten und Absichten zu
verheimlichen. Sie erklären es offen, daß ihre Zwecke nur erreicht werden
können
durch den gewaltsamen Umsturz aller bisherigen Gesellschaftsordnung. Mögen
die
herrschenden Klassen vor einer kommunistischen Revolution zittern. Die
Proletarier haben nichts in ihr zu verlieren als ihre Ketten. Sie haben
eine
Welt zu gewinnen.
Proletarier aller Länder, vereinigt
euch!
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